Osteoporose (Knochenschwund)

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
nachfolgend möchten wir Ihnen einige Informationen zum Krankheitsbild des Knochenschwunds und seiner Behandlung geben. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie im Klinikum Bad Bramstedt, werden Patienten überregional in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen sowie aus weiteren Bundesländern behandelt bzw. beraten. Dabei sind die sorgfältige Untersuchung und Befragung die zentralen Bestandteile, Patienten in unserer Sprechstunde individuell beraten zu können.

und die Folgen an der Wirbelsäule
Täglich wird in unserem Körper Knochenmasse auf- und abgebaut. Zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr erreicht das Knochengewebe die größte Masse und Festigkeit. Ab dem dritten Lebensjahrzehnt gehört die Verminderung der Knochenmasse zur normalen Entwicklung. Jedoch ist heute jede dritte Frau und jeder fünfte Mann im Laufe ihres Lebens von einem überproportionalen Knochenabbau betroffen, der sogenannten Osteoporose. Dabei verringert sich nicht nur die Knochenmasse aufgrund eines vermehrten Knochenabbaus, sondern die Binnenstruktur der Knochen verändert sich derart, dass eine verminderte Festigkeit und somit eine erhöhte Gefahr für Knochenbrüche auftreten. Diese Brüche betreffen am häufigsten die Wirbelsäule, können aber auch hüftgelenksnah, handgelenksnah, im Bereich des Oberarmkopfes und im Becken auftreten. Oft erinnern sich die Betroffenen an kein adäquates Trauma. Heben, Rumpfbeugen oder Husten können bei fortgeschrittener Osteoporose bereits zum Bruch des veränderten Knochens führen. Nicht selten treten solche Brüche auch unbemerkt auf.

Symptome der Osteoporose

Abb. 1 Bruch des 12. Brustwirbels mit keilförmiger Verformung


Hauptbeschwerden an der Wirbelsäule sind Rückenschmerzen. Neben Schmerzen in der Wirbelsäule werden die Patienten mit Osteoporose auf eine Abnahme der Körpergröße und einen zunehmenden Rundrücken von der Umwelt aufmerksam gemacht. Ist ein Bruch eingetreten, kommt es zur Verformung eines oder mehrerer Wirbelkörper (siehe Abbildung 1). Es kommt zu einer Verkürzung der Wirbelsäule sowie einer zunehmenden Fehlstellung. Die daraus resultierende Überbelastung der angrenzenden Wirbelsäulenabschnitte verschlimmert häufig die Beschwerden. Ein zunehmendes Hohlkreuz sowie eine schmerzhafte Annäherung der Rippen an das Becken mit Vorwölbung des Bauches sind Merkmale. Zunehmend greift der Schmerz auf die gesamte Wirbelsäule über.

Diagnose und Differentialdiagnosen der Osteoporose

Da das Beschwerdebild der Osteoporose vielfältig ist und Brüche unbemerkt auftreten können, ist bei Verdacht auf Osteoporose eine röntgenologische Darstellung der Wirbelsäule und gegebenenfalls weiterer Skelettabschnitte unabdingbar. Sind bereits Verformungen eingetreten, kann die Diagnose anhand des Röntgenbildes erhärtet werden. Eine Knochendichtemessung ist zur Früherkennung der Erkrankung sinnvoll und dient als Verlaufskontrolle der Therapie. Zum Ausschluss anderer Ursachen sollten zusätzlich Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Neben älteren Menschen trifft die Osteoporose vor allem Frauen nach den Wechseljahren, besonders wenn diese bereits zu einem frühen Zeitpunkt eingetreten sind. In 5 % der Fälle ist die Osteoporose Folge anderer Erkrankungen und deren Behandlung. Dazu gehören vor allem die Langzeittherapie mit kortisonhaltigen Medikamenten, Schilddrüsenhormonen oder Heparin sowie Umstände, die eine lange Immobilisation hervorrufen. Auch spezielle hormonelle Störungen, Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Stoffwechselstörungen, Rheuma sowie Tumorerkrankungen können ursächlich sein. Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss des Lebensstils auf die Entstehung einer Osteoporose. Bewegungsarmut im Alltag, ausgeprägter Nikotinkonsum, einseitige Ernährung und erhöhter Alkoholkonsum leisten der Erkrankung Vorschub.

Ziel der Therapie der Osteoporose

Ziel der Behandlung ist es, die Belastbarkeit des Knochens zu erhöhen und somit das Risiko eines Bruches zu verringern. Die leitliniengerechte medikamentöse Therapie, die vom Dachverband Osteologie (DVO) empfohlen wird, umfasst Bisphosphonate und ggf. Hormonrezeptorantikörper unter zusätzlicher Gabe von Vitamin D und Calcium. Wesentliche Rolle spielen Physiotherapie und ausreichende Bewegung im Alltag, falls nötig unter individuell angepasster Schmerztherapie. Das Ziel der operativen Therapie bei eingetretenen Wirbelbrüchen ist die zügige Wiederherstellung der Mobilität und Reduktion der Schmerzen. Des Weiteren soll die Achsabweichung der Wirbelsäule aufgehalten bzw. korrigiert werden, um eine normale Lastenverteilung in der Wirbelsäule zu ermöglichen.

Konservative Therapie osteoporotischer Wirbelbrüche

Ist ein Wirbelbruch eingetreten, wird entschieden, ob dieser konservativ behandelt werden kann oder eine operative Versorgung notwendig ist. Als konservative Maßnahmen kommen neben Krankengymnastik Kälte-/Wärme- und Elektrotherapie unter entsprechender Schmerzmedikation sowie die Anlage eines individuell angepassten Korsetts in Frage.

Operative Therapie osteoporotischer Wirbelbrüche

Abb. 2 Wirbelsäulenbruch mit deutlicher Knickbildung (Kyphose) und Bedrängung des Rückenmarks


Besteht eine Operationsindikation, wird geprüft, welches Verfahren für den Betroffenen am besten ist. Wenn möglich, wird der betroffene Wirbelkörper mit Hilfe von speziellem Knochenzement, welcher über eine Nadel durch die Haut am Rücken in den Knochen eingebracht wird, aufgefüllt und somit stabilisiert (Vertebroplastie). Heutzutage wird zuvor die Wiederherstellung der anatomischen Wirbelkörperform angestrebt (sog. Kyphoplastie). In 90% der Fälle kann eine Schmerzreduktion bis hin zur kompletten Schmerzfreiheit innerhalb kurzer Zeit erreicht werden, auch wenn diese Therapie das Fortschreiten der Erkrankung insgesamt nicht aufhalten kann. Nach Aushärtung des Zements ist der Patient sofort belastbar und kann nach 1–2 Tagen das Krankenhaus verlassen. In Einzelfällen ist die Stabilisierung und Aufrichtung der Wirbelsäule über eine längere Strecke notwendig, um neurologische Komplikationen bis hin zur Querschnittslähmung, therapieresistente Schmerzen und einschränkende Fehlhaltungen zu vermeiden (siehe Abbildung 2). Dazu werden in die Wirbelkörper Schrauben eingebracht, die über ein Stabsystem – ähnlich einer Leiter – miteinander verbunden werden und so der Wirbelsäule Halt geben. Wir wenden hierzu in der Regel eine minimalinvasive Technik an, die es ermöglicht, das stabilisierende Material über kleinste Hautschnitte einzubringen und das Gewebe so optimal zu schonen. Diese Operation ist grundsätzlich aufwändiger als die oben genannten Verfahren und erfordert einen Klinikaufenthalt von 10–14 Tagen. Aufgrund der allgemein veränderten Knochenstruktur erfordert die operative Behandlung der osteoporotischen Brüche viel Erfahrung. Bei fortgeschrittener Osteoporose kann es notwendig sein, Knochenzement anzuwenden, um die Schrauben sicher zu verankern. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen künstlichen Wirbelkörper aus Titan oder eine zusätzliche Abstützung aus körpereigenem Knochen in einem zweiten Eingriff von vorne in die Wirbelsäule einzubringen, um ausreichende Stabilität zu erreichen.

Spontanverlauf der Osteoporose

Immer noch gibt es in Deutschland eine hohe Dunkelziffer an Personen, die – ohne es zu wissen – eine Osteoporose haben und nicht behandelt werden. Im Verlauf der Erkrankung kommt es häufig zu Knochenbrüchen, nicht nur der Wirbelsäule, sondern auch des Oberschenkels oder Handgelenkes mit nachfolgend langen Krankenhausaufenthalten. Die Lebensqualität ist durch den zunehmenden Rundrücken mit Schmerzen und wiederholten Operationen auf Grund von Knochenbrüchen deutlich reduziert. Entscheidend ist hier unabhängig vom Behandlungsverfahren der Wirbelsäule eine Behandlung der Osteoporose, um ein Fortschreiten des Knochenschwundes zu verhindern. Wichtig in der Therapie der Osteoporose als generalisierte Knochenerkrankung ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient, Hausarzt, spezialisiertem operativem Zentrum und Physiotherapie. Mit viel Erfahrung in Diagnostik und Therapie kann eine deutliche Linderung der Beschwerden und somit Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden.